Gestern Nacht habe ich mich hin und her gewälzt. Ich lag lange wach und konnte keine Stellung finden, die irgendwie bequem war. Und aus meiner Sicht hatte das einen ganz tollen Grund – ich habe mir gestern den Finger gebrochen und habe jetzt eine Schiene. EIN TOLLER GRUND? SPINNT DIE JETZT? Nein, und ich will euch auch sagen, warum. Ein gebrochener Finger ist berechenbar. In ein paar Tagen wird er nicht mehr weh tun. Und dann verheilt alles und ich muss nie wieder nachts wachliegen. Denn während ich da so lag, musste ich an früher denken. An die durchwachten Nächte mit Baby, das Gefühl ganz allein auf der Welt um 4 Uhr früh wach zu sein und an die schrecklichen Schlafentzugserscheinungen. Heute verwenden mein Mann und ich für diese Zeiten das Codewort „Guantanamo“. Keiner von uns will mehr wirklich daran denken und eigentlich sind wir nur froh, dass endlich alles vorbei ist. Dabei fing alles so gut an.
Meine Tochter Lis kam auf die Welt, die Sache mit dem Stillen klappte prima und nach 4 Wochen in meinem Bett legte ich sie abends in ihr Bett und das Kind schlief durch. Tja, dachte ich, diese ganzen hysterischen Mütter mit ihren Babys mit Schlafstörungen. Die sind einfach selber so unruhig und nervös, das überträgt sich dann auf die Kleinen und dann ist ja ganz klar, dass die Babys nicht schlafen. Mein Baby hat das natürlich nicht, weil ich auf meine Intuition höre und alles richtig mache. Oder mit anderen Worten: ich hatte die Weisheit mit Löffeln gefressen und war nur leicht auf der neunmalklugen Seite.
Dann kam mein Sohn auf die Welt. Es fing schon damit an, dass er nachts oft aufwachte. Je älter er wurde, desto schlimmer war es. 10 bis 15 Mal aufstehen pro Nacht, nur um den Schnuller wieder reinzustecken – ganz normal. Wer das ein Jahr mitmacht, würde seinem Kind alles geben, nur um EINMAL mehrere Stunden am Stück zu schlafen. Ich hätte jedes Baby Set in jedem Baby Shop gekauft – nur um Ruhe zu haben.
„Jedes Kind kann schlafen lernen“ kannte ich auswendig, aber da stand leider nicht drin, wie man seinem Kind die Kakaoflasche (!!!) wieder abgewöhnt, ohne die es nicht einschläft. Oder die zweite Kakaoflasche (!!!), die man ihm nachts anreicht, einfach um wieder schlafen zu können. Oder was man tut, wenn das Kind den ganzen Kakao wieder ins Bett spuckt, weil es natürlich viel zu viel war. Das hört sich an, als wäre ich eine schlechte Mutter??? Ich bitte euch, IHR WISST JA NICHT WIE DAS IST!
Und da wurde mir klar: Ich war mittendrin, in der Abwärtsspirale der Mütter mit Kindern, die nicht durchschlafen. Ich wusste alles über Nachtschreck (Kinder wachen nachts plötzlich auf und schreien), aber nirgendwo stand was über Morgenspaß. Denn den hatte mein Sohn – er wachte 2 ½ Jahre lang um 4:30 auf und hatte so viel Spaß, dass er nicht mehr einschlief. Es wurde auch nicht besser, als mein Sohn in den Kindergarten kam. („Du, dann ist der müde, dann erledigt sich das Problem von selbst.“) Das Problem erledigte sich tatsächlich von selbst: mit 3 ½. Das Deprimierende war: ich hatte nichts geändert und wir waren nicht umgezogen. Ich benutzte noch nicht mal ein neues Waschmittel, was ja unter Müttern Hauptverursacher und -lösung für alle Probleme ist: Das Kind hustet – Du brauchst ein neues Waschmittel! Es hat einen Ausschlag – Du hast doch wohl kein neues Waschmittel benutzt???
Und da habe ich kapiert: manche Entwicklungsschritte werden nicht dadurch beeinflusst, was ich tue oder nicht tue. Manche Sachen entscheiden meine Kinder ganz alleine. Mein Sohn war so weit. Er hatte die Dämonen begraben und entschieden, dass er nachts durchschlafen kann. Genau das ist es, was wir von unseren Kindern lernen. Es gibt für alles eine richtige Zeit – und zwar die eigene. Durchschlafen, Zähne kriegen, Laufen lernen, Drei-Wort-Sätze sprechen, Schulreife, Fahrrad fahren, Schwimmen lernen. Wenn das alle Erwachsenen können, ist es dann nicht logisch, dass alle Kinder das IRGENDWANN lernen?
Ich weiß, es gibt Tausende von Müttern da draußen, die genau in diesem Moment nicht viel schlafen (Tina, Nina, Nicole – um nur 3 aus meiner Siedlung zu nennen). Und wenn sie ihren Nachbarinnen morgens erzählen, dass sie mal wieder alle 2 Stunden raus mussten, dann verstehen die meist gar nicht, was das bedeutet. Wer wie ich 3 ½ Jahre in Guantanamo war, vergisst wenig und versteht viel. Deshalb denke ich heute Mal an all die, die gerade in meiner alten Zelle wohnen. Ich weiß, jede Nacht ist lang und die Tage sind noch viel schlimmer. Aber genauso wie jede Mutter vor euch, werdet ihr das wunderbar hinkriegen. Meine Erfahrung ist, dass gute Ratschläge gar nichts nutzen. Jedes Kind ist anders und wann Babys schlafen hat nicht unbedingt viel mit euch, sondern ganz oft mit ihnen selbst zu tun. Wenn ihr für eure Babys so gut es geht da seid und sie liebt, auch wenn sie das tausendste Mal nachts schreien – dann habt ihr bereits Übermenschliches geleistet und viel gegeben.
Und trotzdem gibt es einen Ratschlag, den ich euch gerne ans Herz legen möchte. Als ich mein erstes Kind entbunden hatte, hat eine dreifache Mutter noch im Krankenhaus etwas zu mir gesagt, was sich bei mir eingebrannt hat: „Wenn ich Dir nur eine Sache raten darf: Leg Dich hin sobald Dein Baby schläft – und räum nicht erst auf. Denn dann hast Du zwar aufgeräumt und schnell noch gesaugt und eben noch die Wäsche gemacht – aber dann wacht Dein Baby schon wieder auf und DU hast IMMER NOCH NICHT geschlafen.”
In diesem Sinne – ab ins Bett mit euch.
Eure Svenja
3 Kommentare
Liebe Svenja,
Erst über den link aus deinem Gewinnspiel-Post bin ich zu diesem gelangt.
Und -ohgottogott- wie recht du hast!
Meine Kinder sind mittlerweile 3,5 und 7,5 und ich habe in meiner ersten Schwangerschaft all die wehleidigen Mütter belächelt und war mit meinen 22 Jahren so weise. Bis zur zweiten Schwangerschaft. Wo ich wusste, dass all die belächelten Mütter mir all das Böse geschickt hatten, was ihnen widerfahren war ;-)
Genauso ist es mit meinen Kindern gewesen. Was habe ich meinen Großen angefleht auf die Toilette zu gehen. Und? Was hat die Lieratur, die klugen Ratschläge und all die Tränen ( meist meine) geholfen?
Er ist an seiner Einschulung ohne Windel aufgetaucht. Wäre er ohne all das sicher auch!
Ich bin voll berufstätig ( noch ( jipiiii)) und musste lernen, mit Ratschlägen und besorgten Mitmenschen ( oh mein Gott, den ganzen Tag in der KITA? Die Armen…) umzugehen.
Ich habe es gelernt. Wenn meine Lütte das Klettergerüst noch nicht hochklettern kann, ja dann ist das so.
Und ich gönne der Mutter neben mir den Triumph, dass IHRE Tochter da ja schon mit 2 hoch kommt.
Und vor 3 Monaten, da war sie wieder da. Die schlimme Zeit. Mein Guantanamo. Meine Tochter wachte 2-3 mal auf. JEDE Nacht. Pipi, trinken, gucken, ob ich noch da bin.
Und um 5:30 klingelt der Wecker und die Bluse will gebügelt werden.
Nach 2-3 Wochen war alles gut. Ohne schimpfen, ohne Bücher, ohne etwas zu ändern. Nur mit fetten augenringen ;-)
In diesem Sinne.
Ich genieße es so sehr. Durchschlafen.
Wir haben sogar mittlerweile die X-tended Version: mein großer macht sonntags eine DVD an, die ich vorbereite und ich habe das ERSTE MAL mit den Kindern im Haus bis 9:00 ihr geschlafen.
Haltet durch, liebe, tolle Mamas. Ich hab’s auch geschafft:-))))
LG
Ach, das kann ich auch so gut verstehen!! :-) Ich hatte zuerst eine Tochter, die einfach nur EASY war…wenn ich heute so darauf schaue und manche Sachen vergesse…und ich war auch so überzeugt, im Gegensatz zu meiner Schwester, deren Sohn 1 Jahr lang durchgebrüllt hat, alles einfach richtig zu machen, weil ich so entspannt war…dann kamen meine Jungs und ich bin seitdem geheilt :-)) Mein älterer hat schon im Krankenhaus nur neben mir geschlafen und jede Stunde etwa 3 min getrunken – Tag und Nacht. Nach so 2 Wochen hat es sich auf nachts alle 2 Stunden verschoben – dazwischen hat er zum Glück fest geschlafen, so dass ich es im 2-std -Takt überlebt habe – und ist so für 6 Monate geblieben. Trotz aller gute Ratschläge (gib ihm nur alle 4 Stunden, damit er mehr trinkt und mehr satt ist, zufüttern, Wasser geben usw.) hat es sich bis er angefangen hat zu essen nicht geändert…und wisst Ihr was, er ist jetzt 7, immer noch dünn, isst wenig aber oft am Tag und braucht immer noch seeehhhr viel Zuneigung und Kuscheln, auch wenn er es jetzt nicht mehr so direkt sagt :-) Ist einfach seine Persönlichkeit! Und ich kann mir sagen, er war schon immer so und es ist ok! Und ich lebe noch und denke über ein 4.Kind nach :-) Alles Liebe
Ja, ihr lieben Mütter. Ich fange mit dem klugen Spruch an , dass haben wir alle irgendwie auch geschafft. Mittlerweile bin ich seit 3 Monaten Oma eines ganz süssen Mädels, daß regelmäßig in der Zeit von 19 bis 20 Uhr ihre Schreiphase hat und es gibt Ratschläge von allen Seiten. Aber glücklicherweise bleiben die Eltern ruhig und gelassen, was mir selbst schwer fällt, vielleicht weil ich es nur ab und zu erlebe und als Oma auch dann nach Hause fahren kann. Mit Ratschlägen kann und will ich nicht dienen, denn ich erlebe es auch nebenbei wie unterschiedlich die lieben Kleinen sind, denn rundherum werden oder sind viele Kolleginnen gerade Oma geworden und jede berichtet über positive und negative Erfahrungen ihrer Kinder bei Schlafstörungen. Und es gibt bestimmt 100derte von Tips und Ritualen.
In diesem Sinne wünsche ich euch haltet durch, denn irgendwann ist das durchgestanden .Genießt es, wenn ihr eure Kleinen im Arm halten könnt, sie sich bei euch einkuscheln ,dann einschlafen und aussehen als sei alles in bester Ordnung